Bis heute hatte ich noch nicht die Gelegenheit, Interviews auf picomol zu veröffentlichen. Heute ist es aber soweit, das erste Interview. Es ist wie gesagt das erste, also schlagt mich nicht, wenn’s nicht perfekt ist, ich hab mich bemüht :-). Anzeige
Wer sich nur ein bisschen in der OpenSource-Blogosphäre umgesehen hat, wird um eines der vielen Blogs nicht herumgekommen sein: Linux und Ich von Christoph Langner. Christoph betreibt das Blog seit Anfang 2006. Für das Jahr 2010 wurde Linux und Ich auf den 3. Platz der t3n-Leserwertung zum Blog des Jahres gewählt. Christoph hat sich freundlicherweise bereiterklärt, ein paar meiner Fragen zu beantworten.
Hallo Christoph! Danke, dass du dir für das Interview Zeit genommen hast. Du betreibst das Blog Linux und Ich. Wie und warum kamst du zum Entschluss, mit dem Bloggen zu beginnen und über welche Themen berichtest du?
Das Blog habe ich 2006 als persönlichen und öffentlich zugänglichen Linux-Notizzettel gestartet. Jeder Linuxer, ach eigentlich jeder Computer-Anwender, wird sicherlich schonmal vor dem Rechner gesessen und die Lösung eines Problems gesucht haben, das er eigentlich schon vorher einmal gemeistert hat. Diesen „Wie ging das nochmal“-Effekt wollte ich mit dem Blog entgegen arbeiten. Das Blog zwang mit meine Notizen ordentlich aufbereitet abzulegen und hat mir schon oft eine wiederholte Recherche erspart.
Über die Jahre hinweg hat sich das Blog nun natürlich ein wenig gewandelt, es ist zur Anlaufstelle von vielen Lesern geworden und dementsprechend hat sich selbstverständlich auch der Themenbereich etwas geändert. Allerdings ist es nach wie vor ein Blog geblieben, ich versuche erst gar nicht jede Linux-News aufzugreifen, sondern schreibe über das was mich interessiert, was mich beschäftigt und über die Dinge die ich persönlich gut oder schlecht finde.
Sind es vor allem die subjektiven Gedanken, die ein Blog so interessant machen? Oder zählen im Endeffekt doch News, Tutorials und „der erste zu sein“?
Die Stärke eines Blogs ist doch eben die subjektive Meinung. Als Blogger kann man mit professionell betriebenen Nachrichtenseiten doch gar nicht schritthalten, wer versucht immer als erster irgendwelche News in die Welt zu blasen, wird die Qualität seiner Beiträge runterschrauben müssen und ist dadurch austauschbar. Ich persönlich probiere meistens lieber vorher die Geschichte aus und schreibe dann einen persönlich gefärbten Artikel.
Du bist Ubuntu-Nutzer. (Warum) ist Ubuntu für dich die beste Linux-Distribution?
Ich würde nicht sagen, dass Ubuntu die beste Distribution ist. Ich meine, dass es nichtmal eine „beste“ Distribution gibt. Jede Distribution hat ihren eigenen Ziele und ihre individuelle Zielgruppe, diese Anpassbarkeit ist ja gerade das tolle an Linux. Hast du einen uralten Rechner? Dann kannst du ihm bspw. mit Puppy Linux neues Leben einhauchen. Hast du einen Server, dann geht für mich oft kein Weg an einem Debian vorbei. Auf dem Desktop finde ich dagegen Ubuntu eine spannende Sache. Die Debian-Basis schafft eine solide Grundlage und die Community, Launchpad oder PPAs füllen die Distribution mit Leben, so dass es immer etwas zu entdecken gibt.
Die Ubuntu-Community ist sicherlich großartig. Canonical muss aber auch vorsichtig mit ihr umgehen, sonst ist sie so schnell, wie sie sich aufgebaut hat, wieder weg. Findest du, dass die Community-Arbeit von Canonical gut ist?
Ehrlich gesagt, bin ich mit der offiziellen Community-Arbeit von Canonical gar nicht in Berührung gekommen. Ich finde jedoch bspw. die Launchpad-Plattform eine wirklich tolle Sache. Früher war es wirklich aufwändig Bugs zu melden, unter Ubuntu aber kann ich via „ubuntu-bug $paketname“ (oder über die entsprechenden Menüpunkte) meinen Bug zu Launchpad abschicken und apport schickt gleich wichtige Infos mit dazu. Oder die PPAs sind ideal, wenn man aktuelle Software nachinstallieren möchte. In dem Sinne finde ich die Community-Arbeit *als User* sehr gut. Entwickler mögen da andere Ansichten haben.
Wie bist du zum Thema Copyright Assignments eingestellt? Kann das der Beziehung Canonical Community auf Dauer schaden? Macht Canonical gewisse Dinge falsch bzw. was könnte die Firma hinter Ubuntu besser machen?
Ganz ehrlich, damit sollen sich die Leute mit beschäftigen, die sich von CAs direkt betroffen sind und die sich damit auskennen. Aber ich sehe, dass sich man sich bilateral mit dieser Thematik auseinander setzt. Auf dem diesjährigen Desktop Summit gab es eine Podiumsdiskussion und das Project Harmony versucht CAs zu vereinheitlichen, so dass beide Seiten zufrieden sind.
Es herrscht rege Bewegung in der Entwicklung der verschiedenen Desktopumgebungen. Mit welcher Desktopumgebung arbeitest du normalerweise und warum?
Aktuell arbeite ich mit GNOME3, davor Unity, davor laaaange Zeit mit GNOME2, davor war einmal WindowMaker im Einsatz 😉 Warum? Erstmal bin ich einfach ein GNOMEler, ich bin quasi als Linxuer mit GNOME „aufgewachsen“. Ich komme gut mit Nautilus, Totem, Evince, Empathy oder Gedit zurecht, all diese Programm möchte ich auf einer anderen Desktopumgebung nicht missen. Ansonsten bin ich neugierig auf die aktuellen Entwicklungen. Die Ansätze von GNOME3 und Unity sind sehr vielversprechend, ich persönlich bin davon überzeugt dass man mit beiden Desktop-Shells besser und schneller arbeiten kann, als mit dem klassischen Ansatz „Startbutton, Taskleiste, Systemtray“-Ansatz von Windows, GNOME2 oder KDE.
Unter GNOME3 arbeite ich zum Beispiel zum ersten mal intensiv mit virtuellen Desktops. Den hohen Nutzwert von zusätzlichen Desktops hatte ich schon lange im Sinn, doch mir war es immer etwas zu nervig für Kleinigkeiten zwischen den Desktops hin- und herzuschalten. Das tolle Benachrichtigungsstem von GNOME3 z.B. macht jetzt diese Zapping zwischen den Desktops unnötig. Starte ich bspw. Empathy auf einem Desktop und arbeite gerade auf einem anderen, so kann ich direkt über die Benachrichtigung antworten, wenn mich jemand über Jabber anspricht. Ich muss nicht extra den Desktop wechseln.
Du findest also die Richtung, in die sich die neue Generation des GNOME-Desktops entwickelt, gut? Ist die Welt für den von vielen Nutzern kritisierten, revolutionären Ansatz bereit?
Ob die Welt „bereit“ ist wird sich zeigen. Aber es kann doch nicht sein, dass vor Jahrzehnten geschaffene Paradigmen bis in alle Ewigkeiten bestand haben? Gerade die Open-Source Welt hat doch die Möglichkeiten neue Dinge auszuprobieren, warum sollte man dann nicht mal die Chance ergreifen beim Umstieg auf eine neue Major-Version neue Ansätze zu verfolgen? Über KDE4 haben am Anfang alle geklagt, wenig war einstellbar, wenig hat funktioniert. Und jetzt? Heute höre ich eigentlich keine Klagen mehr über KDE4. So ähnlich wird es auch bei GNOME3 geschehen. Es ist gerade eben die 3.0 erschienen, in meinem Blog habe ich ja auch schon einmal über die Änderungen geschriebe, die mit der Version 3.2 Einzug halten werden, einiges was kritisiert wird, wurde schon geändert. Auch die Community greift GNOME3 und GTK+3 auf, es gibt mittlerweile schon einige Themes für die GNOME-Shell. Also einfach mal abwarten und Tee trinken.
Du warst jahrelang auf ubuntuusers.de unterwegs, warst dort einer der beliebtesten und bekanntesten User. Was hast du dort alles gemacht?
Wenn ich mich richtig erinnere bin ich 2005 zum uu.de-Team hinzugestoßen, als man sich daran machte aktive User als Supporter ins Boot zu holen. Ich hatte dann irgendwann das Supporter-Team als Teamleiter übernommen, später dann das Moderatoren-Team geleitet, dazu auch immer fleißig am Wiki geschrieben. So sind dann unzählige neue oder überarbeitete Artikel von mir im Wiki eingeflossen und fast 40.000 Beiträge im On-Topic Bereich der Community zusammengekommen.
War das enorme Engagement für die Seite schlussendlich auch der Grund, weshalb du, jetzt schon vor einiger Zeit, das Handtuch geworfen hast und zum Entschluss gekommen bist, nicht mehr aktiv auf ubuntuusers.de tätig sein zu wollen? Was waren die Gründe für den Ausstieg und wie siehst du die Sache heute?
Der Ausstieg bei uu.de lief schrittweise. Eine Weile lang hatte ich nicht viel Zeit für uu.de, daher habe ich im Vorfeld eine Auszeit angekündigt und habe alle meine Funktionen ruhen lassen. Nachdem dann ein paar Dinge ziemlich unglücklich gelaufen sind, habe ich den Account Chrissss deaktiviert, um eine Trennung zwischen dem uu.de-Chrissss und meinen Projekten zu schaffen.
Der Austieg ist mir persönlich ganz gut bekommen und ist auch im Nachhinein für mich richtig. Das uu.de Team ist leider sehr groß und zu demokratisch aufgestellt, neue Ideen oder Änderungen wurden oft bis ins unendliche hinein diskutiert, das kostet viel Zeit, ohne dass letztendlich hinten was rauskommt. In kleineren Projekten fühle ich mich mittlerweile wohler, weil ich effizienter arbeiten kann.
Vielen Dank für das Interview Christoph!
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Ein sehr interessantes Interview. Danke euch!
Schließe mich an, schönes Interview! Danke!
Ein tolles Interview über eine interessante Person. Ich hoffe, du hast demnächst die Möglichkeit, noch weitere Interviews zu machen.
MfG Marius
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